„Ich habe schon vielen Kindern auf die Welt geholfen“

Andreas Neubronner - einer der besten Tonmeister der Welt - ist zu Gast in der Studienvorbereitenden Klasse.

Tonstudio mit Aufnahmegeräten
Foto©pixbay bru-nO

Andreas Neubronner ist der Mann im Hintergrund. Sein Gesicht kennt kaum jemand. Er ist nie auf einem Cover. Sein Arbeitsplatz ist hinter der Bühne. Oft in kleinen, wenig glamourösen Räumen. Dort sitzt Neubronner vor dem Bildschirm. Kopfhörer auf den Ohren. Verbunden mit der Bühne über Mikrophone und Kamera. Vor sich Partitur, Bleistift, Radiergummi, eine Tasse Kaffee, einen Apfel. Dass Andreas Neubronner dort sitzt, wünschen sich die besten Musiker, wenn sie eine Aufnahme machen. Die Berliner Philharmoniker, Cecilia Bartoli oder Igor Levit. Warum?

Der Mann im Hintergrund sitzt in der Musikschule im Rampenlicht

Portrait Foto von Andreas Neubronner
Foto© Tonstudio Tritonus (mit freundlicher Genehmigung von Andreas Neubronner)

Im Karl-Adler-Saal sitzt Andreas Neubronner im Rampenlicht. Inzwischen 72 Jahre alt. Bescheiden, hochkonzentriert und neugierig auf die Schülerinnen und Schüler der Studienvorbereitenden Klasse (STUVO). Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von dem hervorragenden Klavierduo Hamming Deng und Barnabas Csiszar.

„Wie würden sie ihren Beruf beschreiben?“, eröffnet Felipe Valerio (Leiter der STUVO) das Gespräch. „Ich bin Geburtshelfer“, sagt Neubronner. „Ich habe schon vielen Kindern auf die Welt geholfen.“ Und wenn er das in seiner unaufgeregten, humorvollen Art sagt, hat man sofort Vertrauen. Man hat das Gefühl, er weiß, wie das geht, er wird mich führen. „Spielen müssen die Musiker selbst“, sagt Neubronner, „ich helfe ihnen aber, ihre Klangvorstellung umzusetzen. Und solange dranzubleiben, bis diese wirklich da ist.“ 

„Ich habe einen echt coolen Tonmeister“

In dem Film „No Fear“ mit dem berühmten Pianisten Igor Levit gibt es eine Szene, in der Levit zu seiner neuesten Beethoven Gesamteinspielung befragt wird. „Es klingt so plastisch und der Bass so groß. Wie machen Sie das?“. Levit antwortet: „Ich habe einen echt coolen Tonmeister.“

Für die Klangvorstellung braucht es sehr gute Ohren. „Zum Glück habe ich heute noch sehr gute Ohren, meine Brüder sind alle schwerhörig“, sagt Neubronner. Und es braucht ein hohes ästhetisches Gespür sowie umfassendes Wissen über Akustik. „Die Grundlage ist der richtige Raum.“

Der Tonmeister gerät ins Schwärmen

„Wie muss ein guter Raum für Aufnahmen sein?“, fragt einer der Schüler. „Am besten klingt ein in die Höhe gestellter Schuhkarton aus Holz“, sagt Neubronner. Warum Holz? Weil es die Frequenzen nicht absorbiert, sondern mitschwingt und diese wieder schön reflektiert. „Gibt es perfekte Säle auf der Welt?“, kommt die nächste Frage. „Ja“, sagt Neubronner und gerät ins Schwärmen. „Zum Beispiel das Concertgebouw in Amsterdam oder der Goldene Saal im Musikverein Wien.“

Von der Schere zum digitalen Schnitt

Natürlich braucht es auch technisches Wissen. Welche Mikrophone sind geeignet? Wie müssen diese positioniert sein? Hauptmikrophone, Stützmikrophone. „Früher hatten wir riesige Bandmaschinen und Mischpulte. Heute reisen wir mit kleinem Gepäck“, erzählt Neubronner und zeigt auf den Tisch. Dort liegt ein Laptop, ein 64-Kanal-Kabel, ein paar Mikrophone. Neubronner hat am Anfang seiner Karriere die Bänder noch mit der Schere geschnitten und wieder zusammengeklebt. Heute macht er den Schnitt digital.

ein Microfon
Mikrofon Foto©pixbay simlog

Das Wichtigste ist Vertrauen

Im Laufe des Abends wird deutlich was einen Top-Tonmeister ausmacht. Natürlich muss er auch Partituren lesen und interpretieren können. „Was ist das Wichtigste bei Aufnahmen?“, kommt eine weitere Frage. „Vertrauen!“, sagt Neubronner. „Gerade die großen Musiker sind sehr empfindlich“. Und man fühlt sich wieder an den Film „No Fear“ erinnert. Igor Levit lehnt beim Abhören der Aufnahme seinen Kopf an die Schulter von Andreas Neubronner. „Fantastisch, sehr gut!“, sagt Neubronner. Und wenn er das sagt, dann ist es auch so. Die Aufnahme ist fertig.

Tonstudio in Stuttgart, Reisen in die ganze Welt

Sein Tonstudio hat Neubronner nicht in New York oder Berlin, sondern in Stuttgart. Von dort reist er in die Welt. 17 Grammys hat er mit seinen Aufnahmen gewonnen. Heute reist er weniger. Es sind nur vier Aufnahmen an denen er gerade parallel arbeitet. Trotz allem ist Neubronner nicht abgehoben. Nach Hause fährt er mit dem Fahrrad.

Filmtipp: No Fear

Tonstudio von Andreas Neubronner
Tritonus Musikproduktion GmbH
Link: https://tritonus.de/

Text: Oliver Hasenzahl

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