Kann ich Musik zu meinem Beruf machen?
Vor 15 Jahren hat Madeleine Gilet zum ersten Mal in eine Klarinette geblasen. Beim Instrumentenkarussell in der Stuttgarter Musikschule. Jetzt ist sie Orchestermusikerin. Die ehemalige Schülerin aus der Klarinettenklasse von Dominik Keller erzählt.
Es gibt zwei Arten von Menschen: Die, die auf der Klarinette einen Ton rausbekommen, und die anderen. Mit neun Jahren stellte ich beim Instrumentenkarussell fest, dass ich zu der ersten Kategorie gehöre und begann sogleich, Unterricht zu nehmen. Relativ bald durfte ich auch im kleinen Jugendblasorchester der Stuttgarter Musikschule mitspielen, nach ein paar Jahren sogar im großen. Das Orchester wurde schnell zu meiner größten Übemotivation – wegen der Klarinette und der tollen Musik? Ja, natürlich auch. Aber viel spannender waren die Freundschaften, die man in der Orchestergemeinschaft knüpft, die lustigen Probenwochenenden und die Konzertreisen in den Schulferien!
Die Orchester der Musikschule waren die größte Motivation zu Üben
Ich trat dem Jugendsinfonieorchester der Musikschule ebenfalls bei und stellte zwischen dem Einzelunterricht bei Dominik Keller, den Orchesterproben und den Vorspielen bzw. Konzerten fest – wenn man ein bisschen übt, wird man tatsächlich besser. Mit 16 nahm ich zum ersten Mal an Jugend musiziert teil, eine Erfahrung, die alles miteinander verbinden konnte: die Liebe zur Klarinette, die intensiven Probenwochenenden mit Freunden (wir sind als Trio angetreten), die Reisen an die Wettbewerbsorte und die Entwicklung, die man von Vorspiel zu Vorspiel gespürt hat.
Ein verrückter Gedanke wurde in meinem Kopf lauter
Ein verrückter Gedanke wurde in meinem Kopf immer lauter: Kann ich Musik nach der Schule zum Beruf machen? Nach dem Abitur bewarb ich mich voller Motivation und auch voller Naivität an verschiedenen Musikhochschulen. Nach einer intensiven Aufnahmeprüfungsphase stand fest – ich würde mein Bachelor Studium an der Hochschule für Musik Karlsruhe beginnen! Die Hochschulwelt war anfangs einschüchternd. Ich bereute etwas, meinen Lehrer Herrn Keller nicht ernster genommen zu haben, als er mir sagte, wie viel ich üben sollte. Nun denn, besser spät als nie, und nach einigen Semester üben und studieren spielte ich für die Orchesterakademie an der Oper Frankfurt vor. Nach gewonnenem Probespiel durfte ich zwei Jahre als Stipendiatin in diesem Orchester verbringen (eine Akademie ist wie ein Praktikum im professionellen Orchester, man darf mitspielen, bekommt u. A. Einzelunterricht und mentales Coaching, um später besser auf den Musiker*innenberuf vorbereitet zu sein).
Viel geübt und viel Bahn gefahren
In dieser Zeit habe ich sehr viel gelernt, sehr viel geübt (was denn sonst?), und mich weiterentwickelt. Ich habe auch viel Zeit in der Bahn verbracht und viele deutsche Städte kennengelernt, um in mehreren Orchester auf feste Klarinettenstellen vorzuspielen. Probespiele (wie man die Bewerbungs“gespräche“ nennt) sind für alle Kandidat*innen sehr nervenaufreibende, anstrengende und gelegentlich tränenreiche Tage – aber es gibt auch keinen schöneren Tag, als den, an dem man ein Probespiel gewinnt. Für mich trat dieser Tag im Juni diesen Jahres ein und seit Beginn dieser Saison bin ich Stellvertretende Soloklarinettistin im Sinfonieorchester Münster.
Rückblick mit großer Dankbarkeit
Vor ungefähr 15 Jahren habe ich den ersten Kontakt zur Klarinette gehabt und heute ist es mein Beruf. Nach wie vor macht mir das Spielen im Orchester am meisten Spaß. Ich bin sehr dankbar, diesen Spaß am Musizieren schon früh in der Musikschule erfahren zu haben und dass ich mit diesen Erfahrung meinen beruflichen Weg angehen konnte.
Text: Madeleine Gilet
Foto © Madeleine Gilet